Familie und Beruf partnerschaftlich besser vereinbaren

Veröffentlicht am 12.05.2011 in Programmatisches

Der Parteivorstand der SPD hat folgenden Beschluss einstimmig gefasst:

Für eine soziale, solidarische und wirtschaftlich erfolgreiche Gesellschaft brauchen wir eine neue Verbindung von Arbeit und Leben, von Familie und Beruf. Wirtschaftlicher Fortschritt muss mit gesellschaftlichem Fortschritt einhergehen. Deshalb muss steigende Flexibilität im Arbeitsleben auch mehr Flexibilität und Freiräume für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bringen, ihr Leben jenseits der Arbeit nach ihren Wünschen zu gestalten. Dazu zählt für die meisten Menschen auch, Zeit und Kraft für die Familie zu haben.

Familie ist für uns dort, wo Menschen Verantwortung füreinander übernehmen. Dazu gehören Paare – ob mit oder ohne Kinder und Trauschein – ebenso wie Alleinerziehende, Patchwork- und Regenbogenfamilien sowie der Single, der für seine pflegebedürftigen Eltern sorgt.

Zeit für die Familie wird dabei von immer mehr Menschen nicht als Alternative zu Beruf und Karriere gesehen. Die meisten Frauen wollen sich nicht auf die Familie beschränken und eine wachsende Zahl von Männern nicht auf den Beruf. Sie wünschen sich die partnerschaftliche Teilung der Aufgaben auf Augenhöhe sowohl in der Familie als auch in der Arbeitswelt.

Für uns geht gesellschaftlicher Fortschritt deshalb einher mit besseren Rahmenbedingungen für eine partnerschaftliche Arbeitsteilung in Familie und Arbeitswelt. Dazu gehören sowohl Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf als auch eine konsequente Gleichstellungspolitik, um gleiche Entwicklungs- und Teilhabechancen im Beruf zu gewährleisten. Echte Partnerschaftlichkeit führt für Frauen und Männer zu einer stärkeren Balance zwischen Beruf, Familie, Freizeit, Bildung und ehrenamtlichem Engagement, von der beide Geschlechter profitieren. Diese Entwicklung bietet neben einem selbstbestimmten Leben und mehr gesellschaftlicher Gleichstellung auch große Chancen für unsere Wirtschaft. Die steigende Erwerbstätigkeit von Frauen trägt zum Wirtschaftswachstum und zur Deckung des Fachkräftebedarfs bei. Motivierte und engagierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind das Rückgrat unserer Wirtschaft. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Beruf und Familie miteinander verbinden können, sind ein Gewinn für unsere Gesellschaft. Das Ziel der SPD ist es, dafür die politischen Voraussetzungen zu schaffen.

Denn heute erleben zu viele Menschen, dass ihnen – sofern sie Arbeit haben – ihr Beruf alles abverlangt und die Grenzen zwischen Arbeit und Leben verschwimmen: immer höhere Leistungserfordernisse und Verfügbarkeit rund um die Uhr, mehr Wochenendarbeit, Schichtarbeit und steigende tatsächliche Wochenarbeitszeiten, unabhängig von tariflich festgelegten Arbeitszeiten. Das gilt sowohl für hochqualifizierte Wissensarbeiter/innen als auch für Beschäftigte im Niedriglohnbereich.

Die meisten Frauen und Männer wünschen sich außerdem Kinder, wollen sie fördern und partnerschaftlich erziehen und sich in Kita, Schule oder Verein ehrenamtlich engagieren. Gleichzeitig müssen sie für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen und brauchen eine soziale Absicherung. Immer mehr Familien stehen zudem vor der Situation, Verantwortung für Menschen mit Betreuungs- und Pflegebedarf zu übernehmen. Damit treffen im Alltag zwei Welten aufeinander: Familien brauchen verlässliche Strukturen, gemeinsame freie Zeiten, aber auch zeitliche Flexibilität am Arbeitsplatz, je nach häuslicher Situation. Viele Arbeitgeber dagegen wollen immer geringere Personalkosten und Arbeitnehmer/innen, deren Flexibilität sich an Auftragslagen, Ladenöffnungs- und Maschinenlaufzeiten orientiert. Eine bessere Balance von Arbeit, Familie und Freizeit und damit eine neue „soziale Lebenslaufpolitik“ (Prof. Dr. Gerd Naegele) sind daher dringend geboten.

Bisher machen vor allem Mittelständler und auch einige Großunternehmen vor, wie es gehen kann: mit qualitativ hochwertigen Betriebskindergärten und familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen werben und binden sie ihre Beschäftigten langfristig an sich. In einzelnen Branchen haben Gewerkschaften und Arbeitgeber auch überregional vorbildliche Regelungen im Sinne einer besseren Vereinbarkeit von Arbeit und anderen Lebensbereichen getroffen. Dagegen gingen die Vorschläge von Verbänden und Großunternehmen in den aktuellen Fachkräftedebatten insbesondere mit der Forderung nach einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit über 40 Stunden hinaus eher in Richtung weniger statt mehr Familienfreundlichkeit.

Aber bereits heute sind Erwerbs- und Familienarbeit zwischen Frauen und Männern in Deutschland so ungleich verteilt wie in kaum einem anderen europäischen Land. Diese Spaltung in jene (meist Männer), die trotz Familie immer mehr arbeiten, und andere (meist Frauen), die sich um Kinder und Angehörige kümmern und damit zeitlebens von guten Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten ausgeschlossen bleiben, darf sich nicht noch weiter vertiefen.

Wir wollen, dass Frauen und Männer an einem erfüllten Leben teilhaben können, und dass gleichzeitig die bestausgebildete Frauengeneration aller Zeiten ihre Ressourcen und Karrierechancen nutzen kann. Das bringt auch einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Wir wollen, dass Frauen und Männer mit Familienverantwortung künftig so arbeiten können, dass Familienarbeit und Berufstätigkeit partnerschaftlich vereinbar sind.

Der komplette Beschluss zum Download

 

SPD

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