Das schwarz-gelbe Kabinett im Fakten-Check (7)

Veröffentlicht am 14.07.2010 in Bundespolitik

Deutschland ist in der Krise, und Angela Merkel rührt sich nicht. Das schwarz-gelbe Kabinett ist die größte und teuerste Nichtregierungsorganisation dieses Landes. Wir fragen: Was macht das Kabinett, um die Zukunftsfragen unseres Landes zu beantworten? Womit beschäftigen sich die 15 Ministerinnen und Minister von CDU, CSU und FDP? Wir schicken sie in den Fakten-Check. Heute Kristina Schröder (CDU):

Kristina Schröder (CDU): Der Totalausfall

Die Gründe, warum Kristina Schröder im November 2009 zum Ministeramt kam, lagen ganz offenkundig außerhalb ihrer selbst. Nach dem Rücktritt von Franz Josef Jung (CDU) und dem Wechsel von Ursula von der Leyen (CDU) ins Arbeitsministerium wurde die hessische Bundestagsabgeordnete über Nacht Bundesfamilienministerin. Weder mit Familienpolitik noch mit der fachlichen Eignung der Abgeordneten hatte das zu tun.

Entscheidendes Kriterium für ihre Berufung ins Ministeramt war ihre Mitgliedschaft im CDU-Landesverband Hessen. Dieser sollte nach dem Scheitern von Koch-Intimus Franz Josef Jung erneut mit einem Ressort in der Bundesregierung versorgt werden. Die junge Ministerin wurde als unbekannte Einwechselspielerin nach dem grobem Foul und Platzverweis ihres Parteifreundes mit viel Vorschusslorbeeren empfangen.

Neuer Schwung und frische Ideen? Fehlanzeige. Der politische Ausfall an der Spitze des Familienressorts, das einst von der Sozialdemokratin Renate Schmidt zum zentralen gesellschaftspolitischen Gestaltungsministerium aufgewertet wurde, ist dramatisch. Schröder hat bis heute keinen Zugang zu den Politikfeldern gefunden, für die sie zuständig ist. Eigene Ideen und Konzepte sind auch nach über einem halben Jahr im Amt nicht erkennbar:

* Kein Konzept für eine moderne Gesellschaftspolitik.
* Kein Konzept für echte Gleichstellung von Frauen und Männern.
* Kein Konzept zur Verbesserung der Situation Alleinerziehender.
* Kein Konzept gegen Kinder- und Familienarmut.
* Kein Konzept zur sozialen und zukunftsfähigen Gestaltung eines gelingenden Miteinanders der Generationen.

Bis heute weiß niemand, wofür die Ministerin steht. Denn bis heute hat sie kein einziges Vorhaben auf den Weg gebracht. Sie ist schwach gestartet und hat seitdem stark nachgelassen. Damit ist sie eine der konsequentesten Vertreterinnen des Systems Merkel.

Schröder, die Unsichtbare

Schon ihr Start als Ministerin war symptomatisch. Kaum im Amt, fährt Frau Schröder erst einmal in den Winterurlaub. Die Folge: sechs Wochen Funkstille. Erst Mitte Januar wieder ein öffentliches Lebenszeichen der Ministerin – per Twitter: „Arbeite gerade Hunderte von Mails ab. Immer der Nachteil nach einem Urlaub …“ Auch danach glänzte die Ministerin monatelang vor allem durch Abwesenheit. Zu wichtigen aktuellen Debatten schwieg sie:

* Welche Konsequenzen sind aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Regelsatzbemessung für die Bekämpfung der Kinder- und Familienarmut zu ziehen? Keine Position der Ministerin.
* Welchen Ansatz verfolgt sie, um allen Kindern gleiche Teilhabechancen an Bildung zu sichern? Keine Position.
* Wie steht die Ministerin zu der von Westerwelle angestoßenen Sozialstaatsdebatte? Wir wissen es nicht!

Die Süddeutsche Zeitung kommentierte spitz, aber zutreffend: „Seit Schröders überraschender Berufung zur Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im November 2009 hat sie noch am meistern Aufmerksamkeit für ihre Hochzeit mit Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, erhalten.“ (SZ vom 03.03.2010).

Die Ideenlose

Das Schweigen der Ministerin hat einen Grund. Sie hat weder die notwendige Ambition noch die erforderlichen Ideen, um in der Familien-, Senioren-, Frauen- und Jugendpolitik gesellschaftlich etwas zu bewegen und voranzubringen. Zu tun gibt es genug, die Herausforderungen sind groß:

* Zu viele Kinder und Jugendliche wachsen in Armut auf – arm in materieller Hinsicht, arm an Bildung, arm an Zukunftschancen.
* Die Bildungs- und Ausbildungschancen unserer Kinder und Jugendlichen hängen immer noch dramatisch von der sozialen oder ethnischen Herkunft ab.
* Die Gleichstellung von Frauen und Männer ist noch lange nicht Realität. Frauen und Männern ein gleichberechtigtes, selbstbestimmtes und sozial abgesichertes Leben zu ermöglichen, ohne Diskriminierung oder Fixierung auf überkommene Rollenmuster, erfordert neue politische Antworten.
* Für Eltern ist es immer noch schwer, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
* Alleinerziehende werden von der Familienpolitik immer noch zu wenig in den Blick genommen.
* Die Entwicklung einer eigenständigen Jugendpolitik, die die spezifischen Bedürfnisse von jungen Menschen ernst nimmt und Jugendliche nicht nur unter dem Aspekt scheinbarer Defizite betrachtet, ist überfällig.
* Der demografische Wandel stellt neue Anforderungen an die Solidarität und das Miteinander der Generationen. Politik muss bessere Rahmenbedingungen gestalten und dabei neue, zukunftsweisende Wege finden, um verschiedene Politikfelder wie etwa Arbeiten, Wohnen, Gesundheit, Rente, Pflege, Städtebau und lebensbegleitendes Lernen miteinander zu verbinden.

Ministerin Schröder lässt nicht erkennen, ob sie für diese zentralen gesellschaftspolitischen Problemlagen, Herausforderungen und Fragen überhaupt ein politisches Bewusstsein hat – von weitsichtigen Antworten, konkreten Vorschlägen, kreativen Ideen, durchdachten Konzepten oder gar zukunftsweisenden Visionen, wie mit den Herausforderungen umzugehen ist, ganz zu schweigen.

Die Untätige

Selbst den wenigen Ankündigungen folgen keine Taten. Bis heute hat die Ministerin nicht ein einziges eigenes familienpolitisches Projekt auf den Weg gebracht. Stattdessen versuchte sie monatelang, sich medial ausschließlich mit ihrem völlig unausgegorenen Vorschlag eines Pflegeteilzeit-Modells über Wasser zu halten, obwohl sie damit mehr Fragen aufwirft als sie Antworten geben kann. Und wenn sie mit Vorschlägen, wie der Weiterentwicklung des Elterngeldes, in den eigenen Reihen auf den kleinsten Widerstand stößt, knickt sie ohne Not vorschnell ein, statt engagiert für die Familien zu kämpfen.

Aus Stillstand wird Rückschritt

Fazit: Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Wer die Dinge treiben lässt, treibt zurück. Aus Stillstand wird Rückschritt – das ist das Zukunftsrisiko von Schwarz-Gelb für Familien, Senioren, Frauen und Jugend. Diskriminierte Frauen, alleinerziehende Mütter, armutsgefährdete Kinder, ältere Menschen am Rande der Gesellschaft oder berufliche belastete Eltern aus der Mittelschicht – sie alle haben in der Ministerin keine Ansprechpartnerin. Die Familienpolitik in Deutschland ist verwaist.

Rückschritt bei der frühkindlichen Bildung und Betreuung

Der Ausbau und die Verbesserung der frühkindlichen Bildung und Betreuung ist der Schlüssel für gleiche Bildungs- und bessere Zukunftschancen von Kindern, für die Gleichstellung von Männern und Frauen, für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die bessere Unterstützung von Alleinerziehenden und letztlich auch für die nachhaltige Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut. Deswegen hat die SPD in der letzten Legislaturperiode durchgesetzt, dass der Bund die Kommunen bis 2013 mit vier Milliarden Euro beim Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige unterstützt und sich auch danach dauerhaft mit 770 Millionen Euro jährlich am Betrieb der Kitas beteiligt. Außerdem haben wir gegen die Union erkämpft, dass alle Eltern ab 2013 einen gesetzlichen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag ihres Kindes erhalten. Die Konjunkturkrise und die unverantwortliche Klientelpolitik der schwarz-gelben Bundesregierung haben die Kommunen vor neue Schwierigkeiten beim Betreuungsausbau gestellt. Hinzu kommt, dass die Nachfrage der Eltern nach Betreuungsplätzen schneller steigt als erwartet. Konsequenz: Die Kommunen schlagen Alarm und warnen davor, den Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung für unter Dreijährige schlimmstenfalls nicht umsetzen zu können. Aber statt dieses Problem zur Chefsache zu machen, legt Frau Schröder die Hände in den Schoß. Mehrfach machte sie deutlich, dass sie in dieser Legislaturperiode nichts unternehmen will, um den Kommunen beim Betreuungsausbau unter die Arme zu greifen. Damit lässt sie am Ende sowohl die Kommunen als auch die Eltern allein. Es droht bei einer zentralen gesellschaftspolitischen Zukunftsaufgabe ein empfindlicher Rückschritt zu Lasten von Eltern und Kindern.

Wir fordern: Der Rechtsanspruch darf nicht zur Disposition stehen. Schröder muss sich mit Ländern und Kommunen zusammensetzen und Lösungen entwickeln, die die Kommunen in die Lage versetzen, den Rechtsanspruch verlässlich umzusetzen. Dazu gehört auch, wertvolle Milliarden nicht durch ein widersinniges Betreuungsgeld zu verpulvern, sondern nachhaltig in die Bildungs- und Betreuungsinfrastruktur zu investieren. Eltern und Kommunen brauchen Verlässlichkeit – keine Familienministerin, die Probleme verdrängt, Herausforderungen ignoriert und Handeln verweigert.

Rückschritt bei der Unterstützung von Familien

Jüngstes Beispiel für den familienpolitischen Totalausfall ist die Kapitulation beim Thema Elterngeld. Schwarz-Gelb hatte versprochen, eine Forderung aus dem SPD-Wahlprogramm umzusetzen und die Zahl der Partnermonate beim Elterngeld von zwei auf vier zu erhöhen. Anfang Juni dann der Offenbarungseid: Noch bevor die Regierung auf ihrer Klausurtagung über das schwarz-gelbe Sparpaket verhandelte, knickte die Familienministerin ein. Plötzlich nahm sie nicht nur die Verbesserungsvorschläge beim Elterngeld wieder zurück, sondern kündigte sogar Kürzungen an. Mehr noch: Bei den Verhandlungen zum schwarz-gelben Sparpaket stimmte Ministerin Schröder schließlich sogar zu, das Elterngeld ausgerechnet bei denjenigen komplett zu streichen, die sowieso am wenigsten haben: den Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und Empfängern. 300 Euro weniger für die Familie – das hat katastrophale Auswirkungen für Kinder, deren Eltern ohnehin besonders wenig Geld zur Verfügung haben. Schröders Begründung, damit Erwerbsanreize für Arbeitslose setzen zu wollen – im ersten Lebensjahr des Kindes – ist an Absurdität nicht mehr zu überbieten und Ausdruck völliger Weltfremdheit. Mit der Streichung werden viele Kinder künftig bereits von Geburt an benachteiligt. So wird das einst als Erfolgsmodell von Renate Schmidt konzipierte Elterngeld zum Stein des Anstoßes an der Ungerechtigkeit schwarz-gelber Haushaltspolitik.
Wir fordern: Beim Elterngeld nicht zu kürzen und die 300 Euro für arbeitslose Mütter oder Väter nicht zu streichen. Die Familienministerin muss sich endlich engagiert für alle Familien einsetzen. Ausgerechnet bei Familien und Kindern zu sparen, während Hotelketten Steuergeschenke bekommen, ist ein verheerendes und zukunftsfeindliches Signal.

Rückschritt für Kinder in Armut

Die Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut bleibt eine politische Herausforderung ersten Ranges. Eigentlich ist das Ministerium von Frau Schröder das Ministerium schlechthin, das die strukturelle Bekämpfung von Familienarmut zur Aufgabe hat. Schon der schwarz-gelbe Koalitionsvertrag erwähnt das Wort Kinderarmut lediglich an einer Stelle als allgemeine Floskel. Konkrete Vorschläge zur Überwindung von Kinderarmut sucht man bei Union und FDP vergebens.

Als das Bundesverfassungsgericht im Januar ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren bei der Festsetzung der Regelsätze im SGB II vor allem auch für Kinder forderte, tat Frau Schröder, was sie so oft tut – sie schwieg. Die Politik hat von den höchsten Richtern den unmissverständlichen Auftrag bekommen, mehr für die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen zu tun. Die Kinder- und Jugendministerin aber taucht ab.

Wir fordern: Die Bundesregierung muss ein effektives Gesamtkonzept zur Bekämpfung von Kinder- und Familienarmut vorlegen. Ein solches Gesamtkonzept muss eine bedarfsdeckende und gerechte finanzielle Unterstützung von Familien mit einer Politik für gute Arbeit und Entlohnung, für die Gleichstellung von Frauen und Männern im Erwerbsleben, für eine leistungsfähige Infrastruktur vor Ort und für die Verbesserung der Chancengleichheit in der Bildung für alle Kinder verbinden und dabei insbesondere die Alleinerziehenden in den Blick nehmen.

Stillstand in der Jugendpolitik

Kristina Schröder ist Jugendministerin, doch ein jugendpolitisches Konzept fehlt. In der Haushaltsdebatte hat sie das Thema Jugendpolitik komplett ausgespart. Sie hat keine Antworten darauf, wie die Lebensbedingungen von Jugendlichen in Zeiten ökonomischen Drucks und unsicherer Perspektiven verbessert werden können. Sie sagt nichts zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit, zur Verbesserung von Bildungschancen oder zur Stärkung der Rechte junger Menschen. Gerade jetzt, in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise und der Spardebatten, bräuchten Jugendliche eine starke Anwältin ihrer Interessen am Kabinettstisch.

Wir fordern: Eine eigenständige Jugendpolitik der Bundesregierung und eine ressortübergreifende Jugendstrategie, damit die Rechte von jungen Menschen – vor allem das Recht auf Bildung – gestärkt werden.

Rückschritt beim Kinderschutz

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Vernachlässigung und Gewalt muss höchste Priorität haben. Zwar hat Schröder das Thema Kinderschutz kurzzeitig für sich entdeckt. Bis heute hat sie aber weder ein Konzept vorgelegt noch Antworten darauf gegeben, wie sie die Prävention verbessern und Familien stärken will. Auch blendet sie aus, dass starker Kinderschutz nur mit handlungsfähigen Kommunen gelingen kann. Es ist fatal, dass die Ministerin kein Veto gegen das so genannte Wachstumsbeschleunigungsgesetz eingelegt hat, das zu Steuerausfällen in Milliardenhöhe für die Kommunen und zu Einsparungen bei der Kinder- und Jugendhilfe führt. Durch die Schwächung der Kommunalfinanzen droht Rückschritt auch beim Kinderschutz.

Wir fordern: Prävention statt Reparatur. Eltern brauchen frühe Förderung und Unterstützung, damit es gar nicht erst zu einer Kindeswohlgefährdung kommt. Wir fordern daher ein Bundespräventionsgesetz, das das gesunde Aufwachsen von Kindern von Anfang an fördert. Unerlässlich sind ein Netzwerk an frühen Hilfen und verlässliche Strukturen in der Kinder- und Jugendhilfe. Längst überfällig ist auch die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, damit das Recht von Kindern und Jugendlichen auf gewaltfreie Erziehung und auf Schutz vor Vernachlässigung und Gewalt gestärkt wird.

Rückschritt bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus

Kaum im Amt, kündigte Ministerin Schröder an, die Bundesprogramme gegen Rechtsextremismus auf den Prüfstand zu stellen. Sie will Linksextremismus und Islamismus in den Vordergrund stellen. Das ist ganz offenkundig eine ideologische Entscheidung, denn Schröder gefällt sich in der Rolle einer Jungkonservativen. Und es ist eine Ersatzhandlung, denn Schröder hat keine anderen Ideen zur Profilierung. Fatal daran: Da die Mittel zur Extremismusbekämpfung insgesamt nicht erhöht werden, droht den Programmen gegen Rechtsextremismus faktisch eine existenzgefährdende Kürzung. Niemand bestreitet, dass der Kampf gegen Extremismus jeglicher Art konsequent zu führen ist. Aber es wäre naiv und kurzsichtig, ausgerechnet dem Kampf gegen Rechtsextremismus in Zukunft weniger Aufmerksamkeit zu widmen. Extremismus von Rechts, teilweise mit klammheimlichem Beifall aus gutbürgerlichen Kreisen, ist in der Bundesrepublik die gefährlichste und mit Abstand am Häufigsten auftretende Menschenfeindlichkeit. Dies zeigt der jüngste Verfassungsschutzbericht. Insbesondere die Gewaltbereitschaft der rechtsextremen Szene nimmt laut amtlicher Polizeistatistik einen Spitzenwert ein. Rechtsextremismus ist in einigen Regionen in Deutschland ein Alltagsphänomen. Die NPD unterwandert Jugendarbeit, Vereine und ganze Dörfer. Das Bundeskriminalamt stellt in allen Bundesländern einen Anstieg rechtsradikaler Gewalt fest. Der BKA-Präsident spricht von „exzessiver Gewalt“.

Wir fordern: Ministerin Schröder muss die Gefahr, die von Rechts kommt, ernst nehmen. Die Programme gegen Rechtsextremismus dürfen nicht aufgeweicht oder kaputt gespart, sondern müssen verstetigt und ausgebaut werden. Wir brauchen eine Bundesstiftung gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus, damit die notwendige Präventionsarbeit langfristig angelegt und gesichert werden kann.

Stillstand bei der Gleichstellung

Die Gleichstellungspolitik braucht jetzt gesetzliche Regelungen. Notwendig wären politische Entscheidungen statt bloßer Ankündigungen. Aber Gleichstellungspolitik findet bei Schröder nicht statt. Es gibt kein Erkenntnisproblem darüber, dass unsere Gesellschaft noch weit entfernt ist von der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. Ungleicher Lohn, der geringe Anteil von Frauen in Führungspositionen, der große Anteil von Frauen im Niedriglohnbereich, in Minijobs und in Teilzeit, die gerade für Frauen immer noch verstärkt bestehenden Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Rollenklischees, die nach wie vor aufrecht erhalten werden – und, und, und. Am Beispiel der Benachteiligung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt wird der Stillstand besonders deutlich: Fantasielos setzt Schröder weiter darauf, dass freiwillige Maßnahmen der Wirtschaft und anderer Akteure es schon richten werden. Und dies nach neun Jahren Freiwilliger Vereinbarung, die keine spürbaren Fortschritte gebracht hat. Auch eine Weiterentwicklung der Antidiskriminierungspolitik sucht man vergebens. Ganz im Gegenteil – hier blockiert die Ministerin einen neuen Richtlinienentwurf der EU. Beschämend ist: Schröder lenkt von der eigenen Untätigkeit ab und schiebt den diskriminierten Frauen auch noch die Verantwortung für die Probleme zu. Frauen seien „selbst daran schuld, dass sie zwar die besseren Noten bekommen, aber nicht die die besseren Jobs“ (Die Zeit vom 22.04.2010).

Wir fordern: Eine Gleichstellungspolitik, die die gleiche Teilhabe von Frauen an existenzsichernder und sozialversicherter Beschäftigung, an gerechter Bezahlung, an beruflichen Entwicklungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, an Führungs- und Aufsichtsfunktionen und die eine partnerschaftliche Aufteilung der Familienarbeit zwischen Frauen und Männern zum Ziel hat. Wir fordern gesetzliche Regelungen für echte Gleichstellung.

Nebelkerze „Familienpflegezeit“

Ideenlos, konzeptlos, verzagt und gelähmt – das ist der Eindruck, den Kristina Schröder macht. Da hilft eine Nebelkerze, die das alles verschleiert. Seit Monaten versucht Ministerin Schröder nicht nur jedes Interview, sondern auch ihre gesamte Seniorenpolitik mit nur einem Thema zu bestreiten: ihrem Vorschlag für eine Pflegeteilzeit. Die Ankündigungen werden mit jeder Wiederholung nur noch nebulöser. So bleiben bis heute noch immer mehr Fragen im Raum als Schröder Antworten gibt. Die Ministerin kündigt an, die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege zu verbessern. Sie möchte die „Parallelität von Berufsausübung und der Sorge um Angehörige mit Pflegebedarf erleichtern“. Dafür will sie die Möglichkeit schaffen, die Arbeitszeit bei 75 Prozent Lohn für zwei Jahre auf 50 Prozent zu reduzieren. Später soll dann ein Ausgleich über 100 Prozent Arbeitszeit bei 75 Prozent Lohn oder über die Inanspruchnahme von Arbeitszeitkonten stattfinden. Zur Sicherheit für die Arbeitgeber sollen die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine private Pflichtversicherung gegen Berufsunfähigkeit und Tod abschließen. Wie können die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer diese zusätzlichen Lasten schultern? Wie soll das bei schlecht bezahlter Arbeit oder prekären Jobs funktionieren? Wie wird verhindert, dass besonders die berufstätigen Frauen wieder zusätzlich belastet werden? Schröder erhofft sich von ihrem Vorschlag vor allem eines: Einsparungen. Pflege zu Hause sei billiger, verkündet die Ministerin. Schröder treibt mit ihrem Vorschlag die Privatisierung der Pflegerisiken voran – und zwar vor allem auf Kosten von Frauen, die die Pflege in der Realität meistens übernehmen. Ein modernes Pflegezeit-Konzept sieht anders aus.

Wir fordern: Pflege ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die eine gute und funktionierende Infrastruktur benötigt. Daher fordern wir den flächendeckenden Ausbau der Pflegestützpunkte. Fachliche Standards und Professionalität müssen gesichert werden. Für Angehörige von Pflegebedürftigen muss eine kurzfristige und bezahlte Freistellung von der Arbeit zur Organisation von Pflege ermöglicht werden.

 

SPD

19.03.2024 09:56
Nord-Süd - Neu denken.
Wenige Tage nach seiner Reise nach Namibia, Südafrika und Ghana hat der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil auf der Veranstaltung "Nord-Süd - Neu denken" eine programmatische Rede zu einer modernen Nord-Süd-Politik gehalten.

Wir machen Wirtschaftspolitik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, nicht für Lobbyverbände. Das ist soziale Politik für Dich.